Hochbegabte Kinder
Schnell sprechen lernen, Mathe oder Fremdsprachen mit links, Klassen überspringen, Erfolg im Beruf: So stellen sich viele das Leben Hochbegabter vor. Doch so einfach ist es nicht. Statistisch gesehen sind zwei Prozent der Deutschen intellektuell hochbegabt. Sie haben also einen IQ von 130 oder mehr. Herausfinden lässt es sich mit einem Intelligenztest. Hochbegabte können schwierige Zusammenhänge schnell erfassen, können Neues leicht behalten. Aber wer wirklich hochbegabt ist, kann unter seiner herausgehobenen Leistung auch leiden, zum Beispiel nur schwer Freunde finden. Manche Kinder machen absichtlich Fehler, um so normal zu sein wie ihre Klassenkameraden. Zudem sind Hochbegabte nicht automatisch gute Schüler. Manche werden auffällig, wenn sie sich langweilen, es besteht die Gefahr falscher Diagnosen (etwa ADHS). Manche sind auch gar nicht so selbstbewusst, wie man erwartet. Hochbegabte Mädchen passen sich oft an, hochbegabte Jungs neigen eher zur Rebellion. Keineswegs alle machen ein Super-Abitur. Ein Weg zum Genie ist nicht vorgezeichnet. Nach Expertenschätzungen bleiben 15 bis 25 Prozent aller Hochbegabten unter ihren Möglichkeiten. Deshalb kann es sein, dass solche Kinder Unterstützung brauchen. Sie müssen das Lernen lernen, damit sie auch in der Oberstufe mitkommen. Viele brauchen individuelle Förderung. Kleine Klassengrößen sind hilfreich, aber leider selten. In Schulen wird das Problem bislang nur selten erkannt, auch weil das Erkennen von Hochbegabung im Lehramtsstudium und in der Fortbildung kaum eine Rolle spielt. Ein Coaching kann helfen, eine Hochbegabung zu meistern. Auch Erwachsene können davon profitieren: Sie können lernen, ihre Talente richtig zu nutzen oder sich mit ihrer besonderen Begabung zu behaupten. Eine fälschliche Einstufung zum Jochbegabten ist übrigens verhängnisvoll: An dem Erwartungsdruck können kleine und große Menschen scheitern.
Erschienen in der Westdeutschen Zeitung am: 16. September 2014